Einige Anmerkungen zum Familiennamen Hentrich


Dieser Familienname lässt sich erstmals um 1500 sicher nachweisen. Häufig noch als "Heintrich" geschrieben, kann man so die Herkunft ableiten: von dem Namen "Heinrich". Der Ursprung liegt in Hain-rich / Hagen-rich, also Besitzer eines Hagens. Durch das germanische Recht bekam der Erstgeborene den ganzen Besitz. Seine jüngeren Brüder erhielten gegebenenfalls ein Stück wertloses Waldland (den Hagen bzw. Hain) aus dem Allgemeinbesitz. Dabei war die Größe des Hagens (das "Reich") so bemessen, dass der Inhaber mit Mühe seine Familie ernähren konnte.

Ganz im Gegensatz zur oft gehörten Vermutung ist nun Hentrich bereits vor 3½ Jahrhunderten kein seltener Familienname gewesen. Gelegentlich wird sogar augenzwinkernd behauptet, es wäre ein allgemeiner Sammelbegriff für "Mensch im Eichsfeld" ... . Festhalten kann man lediglich, dass viele der bisher bekannten Linien "Hentrich" ins Eichsfeld führen und in Gernrode mit Hans bzw. Thomies Heidentrich erste Namensträger nachweisbar sind. Da jedoch die Kirchenbücher vielerorts erst ab etwa 1670 regelmäßig geführt wurden, lassen die heute noch vorhandenen Unterlagen eine zweifelsfreie Familienzuordnung geradezu unmöglich erscheinen. Oder bestand gar damals die praktische Notwendigkeit, etwas Klarheit in die Familienstrukturen zu bringen? So werden im Umkreis von nicht einmal zehn Kilometern zur Mitte des 17. Jahrhunderts beispielsweise sieben Familien "Hentrich" in Bernterode, sechs in Gernrode und vier in Breitenworbis steuerlich erfasst [Tabelle]. Eine Fülle von weiterführenden Informationen über das gesamte Eichsfeld bietet die gut betreute homepage des Arbeitskreises Eichsfeld http://amf-ak-eichsfeld.de

Als Exkurs sei nun ein Blick auf Kirchworbis gestattet. Die früheste, mehr oder weniger vollständige namentliche Erfassung von Kirchworbis stammt aus dem Jahr 1542. Die gesamte Christenheit wurde zur Kasse gebeten, um die drohende Türkengefahr zu bannen. Doch weder in diesem "Türkensteuerregister" noch im sechs Jahre später erstellten "Landessteuerregister" wird ein "Hentrich" geführt. Dies ändert sich mit der nächsten Angabe, einer Musterungsliste aus dem Jahre 1599. Der "Rottmeister" Hans Hentrich war 46 Jahre, sein "Reichtum" betrug "40 Taler" und er war "Hintersedeler". Das bedeutet also, dass er eines der 66 sogenannten Gerechtigkeitshäuser (von 1542 - 1868 blieb diese Zahl konstant) sein eigen nennen konnte, darüber hinaus aber nicht gerade zum reichen Teil des Dorfes gehörte. Nur zehn andere Kleinstbauern, also Bauern, deren Acker nicht zur Ernährung ausreichte und sie daher genötigt waren, sich teilweise anders zu verdingen, gaben ihren Besitz mit noch weniger als 40 Taler an. Aber; er hatte ein Stimmrecht und war kein "Mietling". Das offensichtlich nicht eindeutig zu lesende Reutersche Lagerbuch von 1610 birgt mehrere Varianten in sich. Eine mehr als unsichere Vermutung ist, dass durch die aufgeführte Witwe "Henning, Hans; Rel." der Tod des Rottmeisters vor 1610 nachvollziehbar wird.

Als nächster in chronologischen Folge erscheint ein Valtin Hentrich. Dieser war Gemeindevormund und gab ein Haus (1642-70) und 1 Hufe Land als sein Eigentum an. Er heiratete vor 1648, acht Jahre später werden Sohn und Tochter erwähnt.

Leider lassen sich diese beiden erwähnten Namen als Vorfahren des "Stammvaters" Georg Hentrich nicht zweifelsfrei zuordnen. Der 30-jährige Krieg, die Säkularisation und die Neuordnung der Archive nach 1945 ließen diesbezügliche urkundliche Materialien auf ein Minimum zusammenschrumpfen. Georg ist um 1620 geboren worden, besaß ein (Gerechtigkeits-)-Haus und zwei Hufe Land und starb vor 1680. Mit seiner Frau Christine (*1621) hatte er mindestens sieben Kinder, darunter Christoph *16.03.1657, welche die einzige heute bekannte durchgehende Namenslinie "Hentrich" aus Kirchworbis fortsetzt. Und spätestens von hier an, also ab der Mitte des 17. Jahrhunderts haben wir ein beachtliches Nebeneinander von Hentrichs innerhalb eines Dorfes von 269 Einwohnern (1656):

--Im Jahr 1649 ist von einem Hans Hentrich (*1620 ?) die Rede, welcher 26 Jahre später in Würzburg wieder genannt wird. Und -scheinbare geographische Parallelität- Hans Adam Hentrich (*1665 ?) ehelicht am 23.09.1696 in Kirchworbis Helene Schlemelig aus Nürnberg.

--Hans Joachim (+1699), Sohn des Dorfschulzen Hentrich aus Gernrode, war 1673-76 Schulmeister in Kirchworbis

--Es lebte wiederum ein Valten Hentrich (+ 15.03. 1712)! Dieser ist jedoch "nur" Einmietling. Mit seiner Ehefrau Angela hatte er Kinder, wobei jedoch deren Namen und Taufdaten nicht zweifelsfrei sind.

--Noch ein wenig später lebte ein weiterer Einmietling, so geführt von 1680-1720, mit Namen Hans Joachim Hentrich (*um 1645 +26.07.1733). Er heiratete eine Margarethe, als Kinder werden Anna Margarethe (*1680), Margarethe (*1686), und Hans (*1690) angegeben.

--Zum Schluss sei auch erwähnt, dass Johann Hentrich (*1602 +22.02. 1689) als Pfarrer fast ein halbes Jahrhundert (1640-88) den sonntäglichen Segen in der Kirchworbiser Kirche sprach. Und von ihm selbst wissen wir, dass er zugleich bis 1674 in der „... Filial der Ertz Pfarr ...“ (Gernrode) Pfarrer war.


Möglicherweise -und das kann nur eine ganz vage Vermutung sein- sind die Hentrichs in den Wirrendes 30jährigen Krieges eben von jener Filialgemeinde aus nach Kirchworbis gekommen: Denn bevor Valtin -wie weiter oben erwähnt- 1642 zum ersten Mal Gemeindevormund in Kirchworbis wurde, existierte hier mit der Nennung von Hans (1599) nur ein einziger Hinweis überhaupt. In Gernrode hingegen werden 1610 bereits sechs Namensträger genannt. Ob man in verwandtschaftlichen Vermutungen einfach Philipp Knieb folgen darf, welcher trotz eines Altersunterschiedes von 95 Jahren in Simon Hentrich (Abt) einfach einen Vetter des Johann (Pfarrer) sah?


Nach 1682 (Pest) begannen hier die Kirchenbücher allmählich lückenlos geführt zu werden. Wenigstens 250 Jahre verblieb die Linie des Georg Hentrich in Kirchworbis. Heute noch gut sichtbar ist das Wirken seines Enkels Simon Hentrichs, des älteren Sohnes Christoph Hentrichs (siehe oben). Im Jahr 1697 geboren, trat er in das Zisterzienserkloster zu Reifenstein ein und wurde 1732 als Abt gewählt; ein Amt, welches er bis zu seinem Tode 1755 innehatte. In dieser Zeit wurde die heute noch existierende Klosterkirche neu erbaut, über dem Hauptportal ist sein Abtwappen zu erahnen. Darüber hinaus war er Primas der Eichsfelder Stände. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dann die alte Heimat verlassen. Neben der allgemein bedrückenden wirtschaftlichen Situation durch die preußische Staatspolitik im Eichsfeld gab vielleicht eine direkt in Kirchworbis ausbrechende Choleraepidemie im Sommer 1850 den letzten Anstoß. In der Gegend von Bernburg/Saale siedelte sich für die nächsten Jahrzehnte die Familie des Christian (*1814) an. Von ihm stammen alle bisher bekannten Kirchworbiser Hentrich-Nachkommen ab.

Außerhalb des Eichsfeldes sind bisher vier andere Gebiete bekannt: in der Umgebung von Weimar finden wir den frühesten Nachweis überhaupt, ein Johann Heintrich war Stadtvogt und 1523 & 1526 Ratsperson in Buttstädt bei Weimar. Diese Familie erhält 1696 den erblichen Reichsadel. In Gotha, Nassau (bei Bad Mergentheim?) und Buchau (bei Luditz in Böhmen?) sollen weitere Hentrich-Familien ansässig gewesen sein. Die heutige Verbreitung des Namens ist schon durch einen kurzen Blick in die CD-ROM der Telekom erkennbar. Jeweils um 1000 Telefonanschlüsse „Hentrich“ bzw. „Hendrich“ allein in Deutschland ....

Sollte sich nun für den Einen oder Anderen eine Idee zum Anknüpfen finden, würde ich mich freuen, davon erfahren zu dürfen [kontakt via Internet].


Bernhard Hentrich
________________________________________________________________________________________________

Literatur:
Dölle, Adelbert: "Kirchworbis" - Artikel in den Eichsfelder Heimatstimmen 1977-79
Erffa, Hans Martin Freiherr von: Zur Geschichte der Familie von Hendrich. (Sonderdruck aus Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1958)
Hucke, Hugo: Kirchworbis im 17. Jahrhundert. 1972 Essen (Sonderdruck)
Knieb, Philipp: Eichsfelder Dorfchroniken. Hrsg. von Maik Pinkert. Dortmund 2001

Simon Hentrich [1697-1755]
ABBAS REIFENSTEINIENSIS [1732-1755]